
„Lasst die Wände fallen!“
27. November 2020
„Gebt ihnen Herberge!“
22. Dezember 2020Die 14. Gemeinderatssitzung
Die Sitzung war mit 20 Tagesordnungspunkten zwar übervoll, durch die coronabedingte Bitte des Bürgermeisters um zurückhaltende Redebeiträge aber trotzdem nicht allzu lang. Wirklich diskutiert wurde „nur“ ums Geld. Denn da (unter)scheiden sich die an diesem Abend ansonsten sehr einigen Gemeinderatsgeister drastisch. Wir waren mit unserer Meinung – und Mahnung – zur Vorsicht allerdings leider in der Minderheit. Hier kommt der etwas ausführlichere Bericht zur letzten Gemeinderatssitzung des Jahres 2020:
Schwierige Finanzvorhaben:
Das Grüne Nein zum Haushaltsplan
Wir hatten bereits im Vorfeld angekündigt, dem Haushalts- und Finanzplan 2021 nicht zuzustimmen. Hier kommt die Begründung dieser Entscheidung, die wir nach einigen langen Nächten mit vielen Zahlen und intensiven Gesprächen getroffen haben:
Die (eine) gute Nachricht zuerst: Die Gemeinde erhält einen staatlichen Ausgleich für die durch die Pandemie weggefallenen Steuereinnahmen. Somit starten wir mit mehr liquiden Mitteln als erwartet ins neue Jahr, insgesamt sind es 16 Millionen Euro. Das hört sich erst mal ziemlich gut an – ist es bei genauerem Durchforsten des Haushalts- und Finanzplans aber leider nicht. Denn: Der Verwaltungsbetrieb trägt sich schon seit geraumer Zeit nicht mehr selbst und im Jahr 2022 wird erstmals ein Kredit nur für die Aufrechterhaltung der laufenden Verwaltungstätigkeiten aufgenommen werden müssen. Es ist leider zu befürchten, dass die wirtschaftlichen Folgen der Pandemie erst in den nächsten Jahren wirklich spürbar werden und Einkommen- sowie Gewerbesteuereinnahmen weiter einbrechen, ohne dass es zu einem erneuten staatlichen Ausgleich kommt. Das bedeutet, dass die geplanten Großinvestitionen der nächsten Jahre nur durch die weitere Aufnahme von hohen Krediten (Stand jetzt: knapp 18 Millionen Euro) realisiert werden können – gleichzeitig aber in den Sternen steht, wie diese Kredite auch nur ansatzweise bedient werden sollen. Hinzu kommt, dass aufgrund der fehlenden Jahresabschlüsse bis ins Jahr 2008 (!) nicht 1:1 belegbar ist, wie es tatsächlich um die Berger Finanzen steht.
Notgedrungenes Abstimmunsverhalten: Wir sind schon aufgrund unserer schönen Parteifarbe naturgemäß die Letzten, die zum Schwarzmalen neigen – aber wir sehen deutlich, dass die geplanten Investitionen der Gemeinde nicht solide finanziert werden können. Deswegen sind wir der Meinung, dass jedes einzelne Projekt noch mal auf den Prüfstand muss. Aus diesem Grund konnten wir den Haushalts- und Finanzplan trotz der hervorragenden Arbeit unseres neuen Kämmerers Florian Bendele nicht „absegnen“. Außer unseren anwesenden Gemeinderätinnen Verena Machnik und Katrin Stefferl haben noch die CSU-Gemeinderät*innen Annatina Manninger (Haushalts- und Finanzplan) und Andreas Schuster (Finanzplan) dagegen gestimmt.
Grüne Randbemerkung: Entgegen der Annahme einiger anderer Gemeinderät*innen war uns durchaus bewusst, dass es bei einer Ablehnung des Haushalts- und Finanzplans durch den Gemeinderat vorübergehend zu einer so genannten ‚Vorläufigen Haushaltsführung‘ gekommen wäre. Das bedeutet, dass die Gemeinde nur Aufwendungen beziehungsweise Ausgaben leisten darf, zu denen sie rechtlich verpflichtet ist – neue, nicht im Vorjahreshaushalt eingeplante Investitionen dürfen nicht getätigt werden. Das ist nicht schön, wäre aber für uns tragbar gewesen, bis zeitnah ein neuer Haushaltsplan mit deutlichen Einsparmaßnahmen verabschiedet hätte werden können.
Das Grüne Ja zur Erhöhung der Grundsteuer
Aus den oben genannten Gründen ist es wirklich wichtig, die Einnahmenseite der Gemeinde zu verbessern. Der von Bürgermeister und Kämmerer gemachte Vorschlag zur Erhöhung der Grundsteuer ist deswegen aus unserer Sicht nachvollziehbar, sinnvoll und durchaus auch an der Zeit: Die letzte Erhöhung liegt 17 Jahre zurück und wir bewegen uns aktuell mit unserem Grundsteuersatz am untersten Ende aller Gemeinden im Landkreis – während die Grundstückspreise weiter ins Unermessliche steigen. Selbstverständlich fällt es auch uns nicht leicht, gerade jetzt eine solche Entscheidung zu Lasten der Bürger*innen zu treffen. Wir sind aber davon überzeugt, dass unsere Gesamtgesellschaft diese Krise nur dann bewältigen können wird, wenn sich wirklich alle solidarisch daran beteiligen. A propos Solidarität: Unsere Gemeinderätin Katrin Stefferl regte an, die Grundsteuer A (Landwirtschaft) weniger stark zu erhöhen als die Grundsteuer B. Dieser Vorschlag kam allerdings gar nicht mehr zur Abstimmung, weil die Erhöhung im Ganzen mit 12:6 Stimmen abgelehnt und auf nächstes Jahr vertagt wurde.
Das Grüne Jein zur Erhöhung der Wassergebühren
Wie Kämmerer Florian Bendele erläuterte, ist die Gemeinde gesetzlich dazu verpflichtet, die Wassergebühren alle vier Jahre zu erhöhen – und jetzt wäre es eigentlich wieder so weit. Ein Antrag von Michael Friedinger (BG), die Anhebung pro Kubikmeter für Landwirt*innen geringer zu halten, weil gerade Milchvielhalter*innen nicht einfach Wasser sparen können, ist rechtlich leider nicht umsetzbar. Katrin Stefferl und Verena Machnik schlugen daraufhin vor, die Grundgebühr für alle zu erhöhen und die Kubikmeterpreise dafür weniger stark anzuheben. Dadurch wären unsere Landwirt*innen nicht so überproportional stark betroffen. Dieser Ansatz konnte während der Sitzung allerdings verständlicherweise nicht auf die Schnelle kalkuliert werden. Somit hätte die Entscheidung vertagt werden müssen, was wiederum nicht möglich war, weil Ende 2020 die Frist für eine Erhöhung ausläuft. Heißt: Die Abstimmung musste sofort erfolgen. Die anwesenden Grünen Gemeinderätinnen, Michael Friedinger und Martin Klostermeier (EUW) nahmen die angekündigte Rüge des Landratsamts daraufhin in Kauf und stimmten gegen die Beschlussvorlage – die restlichen Gemeinderät*innen leider dafür.
Das Grüne Fazit zum Geld in Berg:
Die Gemeinde muss sparen und sich dringend überlegen, welche Investitionen zurückgestellt oder in abgespeckter Form realisiert werden können. Zudem werden wir aber wahrscheinlich nicht darum herumkommen, auch alle Berger Bürger*innen an den finanziellen Herausforderungen beteiligen zu müssen.
Zusammengefasste Vorhaben
Wie bereits erwähnt, gab es neben den wichtigen, die Berger Finanzen betreffenden Entscheidungen auch noch einige andere Punkte, die beraten werden mussten. Hier folgt eine Zusammenfassung der wichtigsten Themen:
Bauvorhaben
Mörlbach
1. Um den bei Straßenarbeiten anfallenden „Asphaltmüll“ rechtskonform entsorgen zu können, muss die Gemeinde eine entsprechende Lagerfläche errichten. Diese soll zusammen mit einem ebenfalls benötigten neuen Pumpenhaus im Bereich der alten Kläranlage in Mörlbach gebaut werden. Dafür braucht’s einen neuen Bebauungsplan, der einstimmig auf den Weg gebracht wurde. Nicht so einfach wird es bei der Frage, wo der Asphalt zwischengelagert wird, bis die Mörlbacher Fläche fertig ist… Wir werden berichten.
2. Die Firma „Reiser Simulation und Training“ beantragt eine Änderung des Bebauungsplans für ihren Sitz in Mörlbach und hat dem Gemeinderat im Vorfeld schon mal erklärt, warum: Eine bereits vor zehn Jahren geplante Halle für die Fertigung von Hubschraubersimulatoren soll jetzt gebaut werden – allerdings haben sich die Voraussetzungen dafür im letzten Jahrzehnt verändert. Die Halle müsste jetzt einen guten Meter höher werden, als im Bebauungsplan festgelegt. Entschieden wurde noch nichts, allerdings schienen die Rät*innen zunächst keine grundlegenden Einwände zu haben.
Aufhausen
Einwände einiger Berger*innen gab es hingegen während der zweiten öffentlichen Auslegung gegen den Bebauungsplan für das Projekt „Soziales Wohnen“ am Osterfeld. Auch der GreenTeam-Vorstand hat sich im Vorfeld zum wiederholten Mal intensiv mit diesem Projekt befasst – und sich aufgrund der mangelnden Alternativstandorte, der bereits getätigten Ausgaben des Verbands Wohnen und des so dringend benötigten bezahlbaren Wohnraums schlussendlich für eine Zustimmung zum Weitermachen mit dem Bebauungsplan entschlossen. So sah es bis auf Andreas Ammer (QUH) auch der gesamte restliche Gemeinderat.
Kempfenhausen
1. Der Bebauungsplan für die geplante Erweiterung der Marianne-Strauss-Klinik geht einstimmig in die nächste Runde.
2. Am Sonnleitenweg soll ein in die Jahre gekommenes Haus einem Neubau weichen – für die Umsetzung der Planung ist allerdings eine Befreiung von Teilen des bestehenden Bebauungsplans erforderlich. Die Verwaltung meint, das ist aufgrund anderer Ausnahmen in der direkten Umgebung in diesem Fall in Ordnung. Nachdem auf Nachfragen von Katrin Stefferl und Verena Machnik versichert wurde, dass damit nicht der gesamte Bebauungsplan in Gefahr sei, gab der Gemeinderat auch hier einstimmig sein Okay.
Berg
Zum zweiten Mal vom neuen Gemeinderat und zum dritten Mal insgesamt wurde ein recht überdimensioniertes Bauvorhaben in der Schatzlgasse einstimmig abgelehnt. Grund: Die eingereichten Änderungen unterscheiden sich nur geringfügig von den anderen Anträgen.
Ein helfendes Vorhaben…
Auf Initiative von Sissi Fuchsenberger (SPD) haben sich Bürgermeister Rupert Steigenberger und alle Gemeinderät*innen bereit erklärt, sich persönlich an der Spendenaktion „Tutzing hilft im Mittelmeer“ zu beteiligen, die den vielen Menschen in den griechischen Flüchtlingslagern zugutekommen wird. Wir sind natürlich dabei und hoffen, ihr auch! Weitere Infos gibt’s hier und in Kürze auch auf der Gemeinde-Webseite.
… und die Suche nach Hilfe
Der Katholische Kindergarten in Aufkirchen kämpft nicht erst seit Corona mit akutem Personalmangel. Die virusbedingten Ausfälle sind jetzt allerdings so immens, dass keine vollumfängliche Betreuung der angemeldeten Kinder mehr gewährleistet werden kann. Für die Angestellten des Kindergartens und die durch die Pandemie ohnehin schon mehr als geforderten, meist berufstätigen Eltern ist das eine enorme Belastung. Der dringende Appell der Gemeindeverwaltung an alle Erzieher*innen und diejenigen unter euch, die welche kennen: bitte melden!
Geschafft!
Das war er – der Bericht der letzten, in Vorbereitung und Durchführung nicht unanstrengenden Gemeinderatssitzung des Jahres 2020. Unsere Grünen Gemeinderät*innen Katrin Stefferl, Stefan Mair und Verena Machnik freuen sich auf eine wohlverdiente Pause – um dann im neuen Jahr mit aufgeladener Diskussionsenergie und ein paar vorbereiteten Anträgen wieder voll durchzustarten.
Die nächste Gemeinderatssitzung findet nach jetzigem Stand am 19.01.2021 statt.